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»CEPIC« oder die neue Mittelschicht
Ein Interview mit Manfred Betsch, Gründer des hiesigen »CEPIC«
Im Interesse der Öffentlichkeit, nicht zuletzt in Arbeitnehmerkreisen stark diskutiert, stand vor einigen Monaten in Eupen die Gründung eines CEPIC-Flügels (organisierte Interessenvertretung von Arbeitgeberschaft und Mittelstand innerhalb der CSP), durch den hiesigen Politiker M. BETSCH.
Damit beginnt in einer der traditionellen Parteien im hiesigen Gebiet eine Polarisierung (und Politisierung) wie sie im Landesinnern seit langem in allen Parteien in irgendeiner Form besteht.
Grund für den Zaungast, mit M. BETSCH diesbezüglich ein Gespräch zu führen:
Herr Betsch, warum ist das „CEPIC“ gegründet worden?
Durch den Einsatz für die Gruppe des Mittelstandes, habe ich natürlich auch deren Probleme kennengelernt. Diese Probleme sind auf die politische Entwicklung zurückzuführen. Hier muss man den Arbeitgebern, zu denen ich ja auch zähle, den Vorwurf machen, dass sie keine Politik gemacht und dieses Feld andern überlassen haben, die nicht aus Mittelstandskreisen
kommen. Das CEPIC haben wir gegründet, um weiterzukommen. Wir wollen nicht nur in Vereinigungen Beschlüsse fassen, sondern auch das politische "Pendant" schaffen. Diese Problemkreise sind bis dahin ja auch in keiner politischen Partei bearbeitet worden.
Wir sind der Meinung, dass diese Mittelständer auch vertreten werden muss. In der CSP, diese große soziale Volkspartei, ist Platz dafür, sowie auch für "Christdemokraten" und für "Familienlose'' Platz darin ist. Denn, das möchte ich auch betonen, die Gründung des CEPIC richtet sich nicht gegen andere Gruppen. Man muss nicht glauben, dass deswegen in der Partei ungeheuere Machtkämpfe ausgetragen werden.
Bis 1980 haben wir ohne Familien bestanden.
Welche ist diese Arbeit des »CEPIC Haben Sie da bestimmte Aktionsbereiche?
Zurzeit konzentriert sich unsere Hauptaktivität auf drei große Punkte:
1. Das Vorkaufsrecht der Gemeinden: Da sind wir als CEPIC gegen. Wir sind für die freie soziale Marktwirtschaft. Das ist nichts Neues in der Parteipolitik. Die CSP war schon immer dafür. Wir erwähnen es nur etwas öfters. In diesem Rahmen wollen wir aber etwas weitergehen und dies nicht auf die Wirtschaft begrenzen, sondern auf den Menschen erweitern. Der Mensch muss frei entscheiden können was er tun möchte, welche Ausbildung er bekommen will. Hier möchte ich eine Klammer machen: bei den Arbeitslosen sind die weniger ausgebildeten die große Mehrheit.
Dafür begrüßen wir auch die Weiterbildung und z.B. eine Initiative wie die VHS; ich erinnere an das Dokument 1O5 im RdK über die VHS. Die CSP war die einzige Fraktion die das unterstützt hat. Jetzt soll man nicht den Fehler machen denselben Leuten ein gewisses Sozialempfinden abzusprechen. Wir sind nicht extrem-rechts. Also wie gesagt, der Mensch soll sich frei entfalten können.
Und wenn er sich ein Häuschen baut, meinetwegen auch zwei, drei oder zehn, dann soll er auch frei entscheiden können, an wen er es verkauft.
2. Der Katasterausgleich: Wir sind nicht gegen eine Neu-Anpassung. Wir sind wohl gegen eine Doppelversteuerung, einmal die Grundsteuer und auch noch auf die Miete.
Ein Beispiel: Wenn jemand 12O.OOO Fr. an Miete einnimmt, aber 150.OOO Fr. für Reparaturen aufbringen muss. Dann ist es ungerecht
wenn er von den 120.OOO Fr. Steuern bezahlen muss, die 150.OOO Fr. aber nicht absetzen kann. Das schränkt die Rentabilität ein und regt nicht an noch zu bauen oder zu kaufen. Wenn aber die Bürger nicht mehr animiert werden, sich Immobilien anzueignen, dann gibt es auch im Baufach Probleme. Und jeder weiß: "wenn das Baufach schlecht geht,
dann geht alles schlecht". Also ist das auch wirtschaftlich gesehen Nonsens. Für uns muss der Einsatz für Reparaturen absetzbar sein.
3. Das Lehrlingswesen: Es gibt Bestrebungen das Lehrlingssystem als System in Frage zu stellen und abzuschaffen. Man glaubt mit der Erhöhung der Schulpflicht von 14 auf 16 Jahren das Instrument dafür zu haben. Für CEPIC ist das ein großer Fehler. Auch die angeführten Argumente sind falsch. Man kann den Lehrling nicht mit einem jungen Arbeiter vergleichen, sondern mit einem gleichaltrigen Studenten. Die Lehre ist nicht direkt als Studie zu betrachten, aber eher als ein technisches Studium. Nur, dass sie beim Lehrling praxisbezogener ist. Die jungen Arbeiter wollen, aus freien Stücken, nicht weiterlernen, denn wer heutzutage weiterlernen will, der hat auch die Möglichkeit dazu. Sie wollen aber nicht; sie wollen im Betrieb arbeiten. Dann sollen sie auch das Statut als Jungarbeiter erhalten und dafür entlohnt werden. Das ist ganz richtig, das ist ihr gutes Recht. Der Lehrling soll auch etwas bekommen und er bekommt es ja auch. Aber der Lehrling will nicht Geld verdienen, er will vor allem Berufswissen und Berufskenntnisse erlangen. Es gibt wissenschaftliche Erhebungen vom Wallonischen Wirtschaftsrat (WWR), die beweisen, dass die Arbeitslosigkeit von Lehrabsolventen fast bei Null liegt. Wenn ich jetzt den Lehrling mit einem Schüller vom "Technischen" vergleiche, dann muss ich auch den finanziellen Aspekt berücksichtigen. Laut Erhebung vom WWR kostet ein Schüler der technischen Schule dem Staate 20O.OOO Fr. im Jahr, ein Lehrling nicht mal 2O.OOO Fr. Wenn das Lehrlingssystem abgeschafft würde, dann müsste jeder, der ein Handwerk lernen will, die technische Schule besuchen. Das gäbe eine Kostenexplosion, die nicht zu verantworten wäre. Außerdem, wie will der Fachlehrer, der jetzt 1O-11 Schüler in der Klasse hat, wenn er deren plötzlich 3O hat, den Schülern noch den Beruf beibringen? Das ist zeitmäßig nicht möglich.
Vor allem aber, da ich von Natur aus etwas konservativ bin, bin ich auch traditionsbewusst. Unser Lehrlingswesen hat sich, gerade in unserer Gegend, Jahrhunderte lang bewährt, 93% unserer Selbstständigen haben eine Lehre absolviert; unsere Fachkräfte sind überall gefragt und können überall arbeiten gehen. Aus allen diesen Gründen muss - und dafür kämpfen wir - wenn die Schulpflicht auf 16 Jahre erhöht wird, die Lehre als Schulzeit anerkannt werden.
Das sind die Punkte, die uns beschäftigen und für die das CEPIC gegründet wurde.
An wen wendet sich das »CEPIC Welche Leute werden dadurch angesprochen?
Wir nehmen nicht jeden auf. Wer bei uns Mitglied werden will, muss einverstanden sein Mitglied der CSP zu sein. Wir machen keinen außerparteiischen Sachen. Man muss dann natürlich mit der Auffassung der gesamten Partei in anderen Bereichen einverstanden sein. Wir arbeiten ja hauptsächlich im wirtschaftlichen Bereich. Wir gehen nicht groß den Bereich der Kultur, der Sozialsicherheit, usw. an. Darum kümmert sich die Partei und sie macht das sehr gut. Also welche Leute interessieren uns?
Wir werden jetzt den Ausdruck "neuer Mittelstand" propagieren. Das heißt, man muss nicht ein Handelsregister haben um Mittelstand zu sein. Es handelt sich auch weniger um Mittelstand, als um Mittelschicht. Diese Mittelschicht beginnt da - und das ist nicht negativ gemeint - wo das Profane aufhört und wo das Großkapital beginnt. Mit Multinationale haben wir also nichts im Sinn. Es gibt drei Kriterien, die wir nach vorne bringen werden: 1. Beruf, 2. Geist, 3. Kapital.
Dazu einige Erläuterungen: 1. Beruf: Da denken wir an jeden, der im Beruf Verantwortung trägt, z.B. Vorarbeiter, Kader, Lehrer, auch Industrielle. Letztere insofern sie keine dieser Ölmillionäre sind.
3. Kapital: Wir meinen damit jeden der ein Haus besitzt. Also auch denjenigen der keine Berufsausbildung besitzt, aber ein Haus hat. Ich kenne welche die haben sogar zwei, drei Häuser.
Wer also eins dieser drei Kriterien erfüllt, kann bei uns prinzipiell Mitglied werden, da er zu dieser neuen Mittelschicht gehört.
Meinen Sie, daß diese Mittelschicht viel mitmischen kann?
Dieses Mitmischen ist unabhängig von Klasse und Schicht. Wenn ich mich nicht "engagiere", mische ich nicht mit. Wenn ich mich "engagiere", dann mische ich immer mit. Ich bin wohl der Meinung, dass sich jede Interessengruppe, auch die kleine Mittelschicht, artikulieren muss. Die Leute in unserer Gegend begreifen jetzt, dass es notwendig ist.
Anlässlich der Gründung des »CEPIC« sind kritische Stimmen laut geworden, daß es sich hierbei um ein Wahlmanöver handelt; Sie würden gerne Bürgermeister von Eupen werden. Könnten Sie bitte dazu Stellung nehmen.
Ja, das war in den Zeitungen und nur dort. Ich freue mich, daß es Journalisten gibt, die sich über meine persönlichen Ambitionen den Kopf zerbrechen. Ich glaube ich bin ein interessanter Mensch. Das zum Ersten. Zum Zweiten ist die Zeit nicht reif. Der Bürgermeister wird auch nicht gewählt, er wird ernannt. Dazu bedarf es einer ganzen Prozedur. So etwas kann man sich bestenfalls einmal wünschen. Nein, meine Aktion ist nicht die der persönlichen "Ambition", sondern die der Verantwortung und anders nichts. Wo meine Freunde mich hinstellen wollen, und was das Schicksal noch einem beschert, das wollen wir einmal abwarten.
Sie haben eben schon angedeutet, daß Sie nichts gegen die Gründung einer Christdemokraten-Gruppe hätten. Stimmt das so?
Da kann ich gar nichts gegen haben. Ich kann nicht für mich eine CEPIC-Gruppe beanspruchen ohne den Leuten das Recht zu geben eine CD zu gründen.
Die Frage anders gestellt, jetzt wo der »CEPIC«-Flügel offiziell besteht, ist es dann nicht, von der Wahlprozedur her notwendig, daß sich eine CD bildet?
MB: Wie gesagt, ich habe nichts gegen eine CD, ich begrüße das sogar. Aber eine CD nur aus wahltaktischen Gründen, die wäre mir zu schade. Deshalb habe ich auch das CEPIC nicht gegründet. Natürlich sage ich dabei, ich lege immer Wert auf Leistung und Qualität. An einer CD ohne Qualität ist mir nichts gelegen. Die CD kann kommen, aber ich glaube es nicht. Es wäre natürlich ganz logisch, dass sie kommt wenn das CEPIC sie provozieren würde und mit für sie unannehmbaren Vorschlägen käme. Aber das steht gar nicht bei uns auf den Programm. Das wäre auch nicht im Interesse des CEPIC; denn seien wir mal logisch: wenn der Arbeiter kein Geld mehr hätte, dann hätte der Mittelstand auch keins mehr; dann wäre alles gelaufen. Ich finde wir sind eine Gesellschaft und wir müssen Mittel und Wege finden, dass wir alle in Freiheit leben können. Die eine Sozialgruppe darf das Interesse der anderen nicht übervorteilen. Man muss das etwas idealistischer sehen. Mir tut es Leid wenn ich die Aussagen gewisser Arbeiterschichten höre, die von Arbeiterkampf reden, das ist für mich unverständlich. Das ist ungerecht, dass man heute kommt und gewisse soziale Errungenschaften, die auch zum Teil der Erfolg unserer Generation sind, dass man die einfach vom Tisch fegt und von Arbeiterkämpfen spricht, wovon die Sozialdemokraten in Deutschland schon lange nicht mehr reden. Wenn Gruppen der Arbeiterschaft kommen und sprechen von Verbesserung der Sozialgesetzgebung oder der Arbeitsbedingungen, das ist schon ein ganz anderer Ton. Aber man darf nicht vergessen, dass die "sprudelnde Quelle" von allem die Wirtschaft ist, und man muss
verstehen, dass unsere soziale Sicherstellung nicht im Widerspruch steht zur freien
Wirtschaft, sondern dass unsere freie Wirtschaft an der sozialen Stellung die wir haben gemessen wird. Ich sehe also keine direkte "Diskordanz" mit der Arbeiterschaft; absolut nicht.
Wir alle sind Menschen bevor wir irgendetwas anderes sind. Diesen Menschen müssen wir nach vorne stellen. Erst danach treten Spezialisierungen auf´, die sich im parteipolitischen Raum ausdrücken. Meine Spezialisierung ist jetzt das Interesse dieser Gruppe der Mittelschicht. Das bedeutet aber nicht, dass der andere Mensch, aus einer anderen Gruppe, mich nicht interessiert. Im Gegenteil.
In weiteren Ausführungen legt Herr BETSCH uns seine Konzeption zu verschiedenen aktuellen Problemen dar; gegen die Frauenarbeitslosigkeit und Abwesenheit wegen Krankheit, gegen die 36 Stundenwoche, für die Pensionierung mit 60 Jahren, gegen den Umfang der Verwaltung, über Rationalisierung, Monopolstellung usw...
Der Platzmangel in dieser Auflage erlaubt es jedoch nicht über diese Auffassungen, die die CEPIC-Tendenz innerhalb der CSP konkretisieren hier ausführlich zu berichten. Wir werden in unserer nächsten Ausgabe dies nachholen, in der Hoffnung, dass auch so schon der Leser über die CEPIC-Tendenz innerhalb der CSP ein erstes Bild erhält.
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