Grenzgeschichte DG - Autonome Hochschule in der Deutschsprachigen Gemeinschaft

 

 

Charles Dekeyser aus Welkenraedt 

Er wurde am 23. Mai 1921 in Lille geboren. Seine Eltern stammten aus Torhout, zogen 1919 nach Lille und kehrten 1931 nach Belgien zurück.

Weil er in Belgien keine Arbeit fand und es als ältester Sohn  als seine Pflicht ansah, für den Unterhalt der siebenköpfigen Familie mit beizutragen, meldete er sich 1940 freiwillig zur Arbeit nach Deutschland.

Er kam nach Burg bei Magdeburg und sollte dort beim Bau eines Flugplatzes helfen. Ein Kollege, der zum 2. Mal an einem Montag nicht zur Arbeit erschienen war, verschwand plötzlich und kehrte erst nach 6 Monaten vollkommen abgemagert und kahlgeschoren zurück. Er äußerte sich nicht zum Geschehen. Dieser Vorfall veranlasste Charles Dekeyser, seinen Vertrag nicht wie vorgesehen zu verlängern, sondern nach Hause zurückzukehren. Da die Feldpolizei mehrmals bei seiner Mutter vorstellig wurde und die Wiederaufnahme der Arbeit forderte, entschied er sich schließlich, dem Druck nachzugeben. Er kam nach Wetter an der Ruhr bei Hagen zur Firma Hakort/Eiken (Panzerproduktion).
Nach einigen Monaten setzte er sich wieder zu seiner Familie ab, die zwischenzeitlich auf sein Anraten hin nach Reims gezogen war.

Am 16. Dezember 1942 schließlich geriet er am Bahnhof Roeselare in eine Razzia. Die Deutschen nahmen ihm seinen Pass ab und schickten ihn wieder nach Wetter an der Ruhr – dieses Mal zur Zwangsarbeit.

Als deutsche Arbeiter ihn als Ausländer beschimpften und ihn im Gesicht verletzten, kam es zu einer Schlägerei. Dabei wurde eine Maschine beschädigt, sodass gegen ihn der Vorwurf der Sabotage im Raum stand.  Im Januar 1942 wird im Dortmunder Gefängnis inhaftiert und anschließend nach Flossenbürg überstellt. Nach dem Krieg konnte Charles Dekeyser den Gestapoakten entnehmen, dass er wegen „politischer Bedrohung“ festgenommen wurde.

Als junger, kräftiger Mann von 22 Jahren kam er zuerst zum Verladekommando in den Steinbruch – Schwerstarbeit, bei der immer wieder auf die Häftlinge eingedroschen wurde, und dies unabhängig davon ob sie arbeiteten, oder nur zu arbeiten vorgaben. Später wurde er dem Waldkommando zugeteilt, wo Bäume für den Wegebau gefällt wurden. Auch hier herrschten Terror und blanke Willkür.

Charles Dekeyser schätzt die Überlebenschancen eines normalen Häftlings in Flossenbürg auf eine halbes Jahr. Sein erster und letzter Gedanke des Tages war stets „Was kannst du dir morgen zusätzlich anschaffen? Wie kannst du morgen an ein Stückchen Brot mehr kommen?... Um zu überleben musste man sich von der Welt abkapseln… Trauer und Wut durfte man nie zeigen… Du musst sehen, dass der Blockführer nicht sieht, dass du heulst, sonst kriegst du noch was dazu, was dich zum Heulen bringen würde“. Als sein Freund und Kollege aus ihm nicht bekannten Gründen erhängt wurde, habe er, der katholisch aufgewachsen war, für immer seinen Glauben verloren.

Als Facharbeiter für das KZ Sachsenhausen gesucht wurden, meldete er sich und wurde überstellt. Den Unterschied zwischen beiden Lagern beschreibt er so: „Flossenbürg war ein Krematorium und Sachsenhausen ein Sanatorium. Man soll es nicht übertreiben, das war immerhin auch ein KZ, aber ich meine, das Benehmen der Kapos, der SS, die hier regiert haben, war einmalig. Der Terror in Flossenbürg war unbeschreiblich, nicht zu schildern. Es fällt schon auf, dass Leute, die jahrelang irgendwo in Haft waren und erst in den letzten Kriegsmonaten nach Flossenbürg geschickt wurden, nichts anderes zu erzählen haben als das, was hier passiert ist. Flossenbürg war der Tiefpunkt menschlicher Existenz“.

Nach der Befreiung bewarb er sich im November 1945 für eine Arbeit bei der britischen Armee. Er wurde genommen und kam zur Zensurbehörde nach Bonn. 1946 zog er nach Welkenraedt, wo er heute noch lebt.

Heute ist Charles Dekeyser Sprecher der ehemaligen Häftlinge in Belgien. 1989 sprach er erstmals über seine Erlebnisse. Auslöser war der Besuch einer Ausstellung in Sachsenhausen. Die Konfrontation mit der eigenen Vergangenheit half ihm, seine Geschichte teilweise aufzuarbeiten. Seit 1995 kommt er jedes Jahr mit seiner Familie zur Gedenkfeier.

Auf die Frage, warum er diese schwierige Rückkehr auf sich nehme, antwortet er: „Das weiß ich nicht. Ich mache wahrscheinlich das, was meine Kameraden, die hier verstorben sind, hätten machen wollen. Wir sind in gewisser Weise dafür verantwortlich, das zu sagen, was sie hätten sagen wollen, wenn sie wie wir überlebt hätten“.

Sehen Sie hier unseren Film über Charles Dekeyser.

 

 

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EXTERNE AUFTRÄGE


Koordination der „Aktionstage Politische Bildung“


Demokratieerziehung in Brüssel


Vertretung der Deutschsprachigen Gemeinschaft in der „Task Force for International Cooperation on Holocaust Education, Remembrance and Research“


Vertretung der Deutschsprachigen Gemeinschaft im pädagogischen Beirat des „Jüdischen Museums der Deportation und des Widerstandes in Mechelen“


Vertretung der Deutschsprachigen Gemeinschaft im Verwaltungsrat der Gedenkstätte Breendonk



 

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